MeineFitness.net hat mit Medizinern gesprochen, um herauszufinden, ob der anhaltende Fitnesstrend vielleicht Gefahr für die Fruchtbarkeit von jungen Frauen darstellt.
- Schwedische “Nord-Trøndelag” Studie mit 3887 Teilnehmerinnen zeigt: 5 bis 7 mal die Woche Sport machen bedeutet 3,2 mal häufiger Probleme mit der Fruchtbarkeit
- Anscheinend sind nur schlanke Frauen betroffen. Die Fruchtbarkeit von übergewichtigen Frauen profitiert von jeglichem Sport.
- “Ausdauersportarten mit hohem Energieverbrauch eher betroffen”, sagt Expertin Frau Dr. Wilkening
Darüber schreiben wir in diesem Beitrag
Die negativen Seiten dieses Trends werden gerne totgeschwiegen.
In der Wissenschaft ist es schon länger bekannt, dass übermäßige sportliche Betätigung eine fatale Folge haben kann: verminderte Fruchtbarkeit.
Doch wie genau ist eigentlich die Studienlage dazu?
Studien belegen: Sport kann das Risiko der Unfruchtbarkeit um den Faktor 6,2 erhöhen!
In unseren Recherchen sind wir auf 14 Studien getroffen, welche einen negativen Einfluss von Sport auf die weibliche Fruchtbarkeit nahelegen. Wenn man die aktuelle Studienlage betrachtet, kristallisieren sich vier Punkte sehr deutlich heraus:
Studie | Teilnehmer | Ergebnis |
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Green et al. (1986) | 346 | Über 60 Minuten am Tag eine Aktivität mit einem Kalorienverbrauch von 6 kcal/min brachte:
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Morris et al. (2006) | 2232 | Frauen, die 4 Stunden Sport pro Woche oder mehr betrieben, hatten:
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Gudmundsdottir, Flanders and Augestad (2009) | 3887 |
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Gudmundsdottir, Flanders and Augestad (2011) | 3079 | Freizeitsport beeinflusst die Wahrscheinlichkeit eines irregulären Menstruationszyklus.
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Wise et al. (2012) | 3628 |
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Hakimi and Cameron (2016) | Meta Studie |
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Was sagen die Experten dazu?
Frau Dr. Wibke Wilkening, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe erklärt die verminderte Fruchtbarkeit mit einer Veränderung der Hormone: “Erhöhte sportliche Aktivität kann negativen Einfluss auf die Hormonachse zwischen Gehirn, Hypophyse und Ovar nehmen. In ausgeprägten Fällen kommt die Sekretion vollständig zum erliegen und der Zyklus bleibt aus.”
Auch Prof. Dr. Lutz Trojan, Direktor der Klinik für Urologie in Göttingen kennt das Problem mit dem gestörten Hormonhaushalt: “Vorangegangene Studien haben bereits über den möglichen Zusammenhang starker körperlicher Aktivität mit hormonellen Unregelmäßigkeiten und damit gestörter Fertilität berichtet. Ein erhöhtes Risiko an belastungsbedingten Frakturen lässt beispielsweise auf einen gestörten Hormonhaushalt bei Athletinnen rückschließen. Ebenso bekannt sind Störungen des Menstruationszyklus.”
Was könnte eine mögliche Ursache für die hormonellen Veränderungen sein? Herr Prof. Dr. Trojan und Frau Dr. Wilkening sind sich einig: “Bei normalgewichtigen Frauen zum Beispiel, welche ohne erhöhte Energiezufuhr ausgiebig trainieren, könnte sich dies negativ auf das Energie-Gleichgewicht auswirken und der Bedarf der für die Reproduktion notwendigen Faktoren somit nicht gedeckt werden” sagt Prof. Dr. Trojan. “Es ist ein bekanntes Phänomen, dass unterhalb eines – sicher individuell unterschiedlichen – Minimalgewichts der Körper im Sinne eines Selbsterhalts als erstes die reproduktive Funktion herunterfährt und schließlich abschaltet. Eine Schwangerschaft ist für einen Organismus ein belastender und Energie raubender Zustand, den sich der Körper bei einer Minimalversorgung nicht mehr leistet, sei es aufgrund einer Essstörung oder bei erhöhtem Verbrauch durch massiven Sport”, so Dr. Wilkening.
Auch der Berufsverband der Frauenärzte pflichtet auf seiner Internetseite den beiden Experten bei: “Fällt bei einer Frau der Körperfettanteil unter einen bestimmten Wert, produziert der Körper nicht mehr in ausreichendem Maße die Hormone, mit denen der Eisprung stimuliert wird. Der normale Menstruationszyklus bleibt dann aus. Die Unterernährung versetzt den Körper in eine Art Notzustand, in dem sämtliche Reserven für die Selbsterhaltung benötigt werden. Eine Schwangerschaft würde in dieser Situation die Gesundheit von Mutter und Baby ernsthaft gefährden. Daher lässt es der Körper in der Regel erst gar nicht dazu kommen und der Eisprung bleibt aus”.
Es ist also nicht unbedingt der Sport an sich, der die Fruchtbarkeit beeinflusst, sondern der gesteigerte aber nicht gedeckte Energiebedarf!
Welche Sportarten sind besonders gefährdet?
Frau Dr. Wilkening stellt eine Vermutung auf: “Vermutlich sind Ausdauersportarten mit hohem Energieverbrauch (z.B. exzessives Laufen, Marathon, etc.) eher betroffen als andere.” Also sind klassische Fitnessübungen wir Kreuzheben oder Kniebeugen weniger gefährlich.
Klare Aussagen, welche Sportarten gefährlicher für die weibliche Fruchtbarkeit sind, sind laut Prof. Dr. Trojan schwer zu treffen. Er verweist dabei auf das Ergebnis, dass die Intensität, mit der der Sport ausgeführt wird entscheidend ist: “Ergebnisse zur Subfertiität beziehen sich auf extreme und häufige körperliche Aktivität, i.e. körperliche Aktivität bis zur Erschöpfung, hoher Aktivitäts-Index, fast täglich Sport”.
Wir fassen zusammen “Es kommt weniger auf die Sportart als auf die Intensität an. Das bedeutet: Wer zu häufig oder zu hart trainiert (oder schlimmer: beides zusammen), der setzt sich vermutlich einem nicht zu vernachlässigenden Risiko aus. Es ist schwer, allgemeingültige Aussagen zu treffen, aber die aktuelle Studienlage lässt darauf schließen, dass dreimal pro Woche bei mittlerer Intensität das Risiko schon deutlich einschränkt”.
Was sollten Frauen tun, damit sie nicht unfruchtbar werden?
- Nicht bis zur absoluten Erschöpfung trainieren!
- Nicht mehr als 3 mal die Woche trainieren!
- Nicht länger als 60 Minuten am Tag trainieren!
- Sowohl vor als auch nach dem Training genug essen, um den Energiebedarf zu decken!
Quellen
De Souza, M. J., Van Heest, J., Demers, L. M., & Lasley, B. L. (2003). Luteal phase deficiency in recreational runners: evidence for a hypometabolic state. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 88(1), 337-346.
Green, B. B., Daling, J. R., Weiss, N. S., Liff, J. M., & Koepsell, T. (1986). Exercise as a risk factor for infertility with ovulatory dysfunction. American journal of public health, 76(12), 1432-1436.
Gudmundsdottir, S. L., Flanders, W. D., & Augestad, L. B. (2009). Physical activity and fertility in women: the North-Trøndelag Health Study. Human Reproduction, 24(12), 3196-3204.
Gudmundsdottir, S. L., Flanders, W. D., & Augestad, L. B. (2011). A longitudinal study of physical activity and menstrual cycle characteristics in healthy Norwegian women–The Nord-Trøndelag Health Study. Norsk epidemiologi, 20(2).
Hakimi, O., & Cameron, L. C. (2016). Effect of Exercise on Ovulation: A Systematic Review. Sports Medicine, 1-13.
Loucks, A. B., Verdun, M., & Heath, E. M. (1998). Low energy availability, not stress of exercise, alters LH pulsatility in exercising women. Journal of Applied Physiology, 84(1), 37-46.
Loucks, A. B., De Souza, M. J., & Williams, N. I. (2007). Effects of lifetime exercise on the outcome of in vitro fertilization. Obstetrics & Gynecology, 109(2, Part 1), 456-457.
Olive, D. L. (2010). Exercise and fertility: an update. Current Opinion in Obstetrics and Gynecology, 22(4), 259-263.
Wise, L. A., Rothman, K. J., Mikkelsen, E. M., Sørensen, H. T., Riis, A. H., & Hatch, E. E. (2012). A prospective cohort study of physical activity and time to pregnancy. Fertility and sterility, 97(5), 1136-1142.
Grober Unfug, die Studien stagen teilweise sogar das gegenteil aus (z.B. Hakimi and Cameron (2016): Sport könnte gegen eine fehlende Ovulation helfen). Tatsächlich werden Frauen durch Sport gar nicht plötzlich unfruchtbar, sondern es kann lediglich passieren, dass der Eisprung ausfällt. Dies ist immer der Fall, wenn Frauen nicht genug Energiereserven besitzen um eine eventuelle Schwangerschaft aufrechtzuerhalten. Oder sich der Körper in einer Stressreaktion befindet (Sport=Stress) man denke nur an die Steinzeit: Familie flieht vor Säbelzahntieger, müssen rennen, neue Höhle, Essen finden etc. => schlechte Umstände füt so etwas fragiles wie eine Schwangerschaft.
Das ganze hat also eigentlich gar nichts mit Sport an sich zu tun und ist i.d.R. auch nur temporär, sobald man wieder genug isst und eine angemessene Menge Sport treibt, klappts auch mit der Schwangerschaft wieder.