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Beckenbodentraining – „unsichtbar“ aber effektiv

Weder sichtbar noch spürbar stehen der Beckenboden und entsprechend auch das Beckenbodentraining nur selten im Zentrum unserer Trainingsbemühungen. Bei Frauen ändert sich das eventuell während einer Schwangerschaft. Bei Männern hingegen meist nur dann, wenn die Beckenbodenmuskulatur einmal Probleme macht und (Belastungs-)Inkontinenz oder Erektionsprobleme die Folge sind. Was der Beckenboden überhaupt ist, wie gezieltes Beckenbodentraining gesundheitliche Probleme verhindern kann und wie das Training funktioniert, erfährst Du hier.

Beckenbodentraining – so funktioniert’s

beckenboden

Obwohl der Beckenboden weder sichtbar noch spürbar ist, kann erlernt werden, die Beckenbodenmuskulatur willentlich anzuspannen und zu bewegen. So kann Beckenbodentraining ähnlich wie ein Beintraining oder Rückentraining aktiv angegangen werden.

Gelingt das Erspüren des Beckenbodens erst einmal, kann er mit Hilfe von Spannungs- und Entspannungsübungen trainiert werden. Auch ein Beckenbodentraining mit Hilfsmitteln, wie Vaginalkonen oder Sitzkissen, gemeinsam mit einem Physiotherapeuten oder ein Training nach der Cantienica-Methode wird dann möglich. Letztere setzt auf eine Verbesserung von Haltung und Körperform durch eine Kräftigung des Beckenbodens mittels Atem-, Entspannungs- und Anspannungsübungen.

Den Beckenboden wahrnehmen

Der erste Schritt zu einem erfolgreichen Beckenbodentraining ist das bewusste Wahrnehmen des Beckenbodens und seiner Muskulatur.

Am einfachsten gelingt das durch bewusste Anspannung und gleichzeitiges Ertasten der Beckenbodenmuskulatur. Sowohl Frauen als auch Männer können eine Anspannung des Beckenbodens einfach „von außen“ ertasten.

Bei Frauen gelingt das im Bereich des Damms, also zwischen Scheide und After. Männer können die Muskelanspannung am besten an der Peniswurzel oder auch im Bereich zwischen Hoden und After ertasten.

Eine Anspannung der Beckenbodenmuskulatur kann nur in liegender Position leicht gelingen, wenn alle anderen Muskeln des Körpers entspannt sind. Stellt man sich nun vor, den Urinstrahl anzuhalten oder den After zusammenzuziehen, wird die Anspannung der Beckenbodenmuskulatur an Damm oder der Peniswurzel leicht mit der Hand spürbar.

Beckenbodentraining: die Übungen

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Ist es einmal gelungen, den Beckenboden bewusst wahrzunehmen, gelingt das Training der Muskulatur besonders einfach. Alles, was dazu notwendig ist, ist das bewusste Anspannen des Beckenbodens, das Halten der Muskelspannung und das anschließende bewusste Entspannen der Muskulatur. Ein bestimmter Trainingsplan für das Beckenbodentraining ist nicht nötig.

Falsch machen kann man beim Beckenbodentraining kaum etwas. Es sollte jedoch darauf geachtet werden, während der Anspannungsphase nicht den Atem anzuhalten.

Während der Beckenbodengymnastik selbst sollte dann

  • die Anspannung etwa 7 bis 10 Sekunden gehalten werden,
  • danach eine Pause von etwa 20 Sekunden erfolgen,
  • immer versucht werden, die Muskulatur möglichst stark anzuspannen und
  • etwa 15 bis 20 Anspannungswiederholungen durchgeführt werden.

Hinterer Beckenboden

  • Hierzu einfach mit rundem Rücken auf einen Stuhl setzen.
  • Die Füße hüftbreit auseinander aufstellen.
  • Nun das Gewicht soweit nach hinten verlagern, bis eine Anspannung des hinteren Beckenbodens zu spüren ist.
  • Bei jeder Ausatmung versuchen, den After zu schließen.
  • Mit der Ausatmung die Anspannung langsam lösen.

Vorderer Beckenboden

  • Mit geradem Rücken auf die vordere Kante eines Stuhls setzen.
  • Die Füße hüftbreit auseinander aufstellen.
  • Das Gewicht nach vorne in Richtung der Füße verlagern, bis eine Anspannung des vorderen Beckenbodens zu spüren ist.
  • Bei jeder Ausatmung versuchen, Scheide bzw. Harnröhre zu schließen.
  • Mit der Ausatmung die Anspannung langsam lösen.

Ganzer Beckenboden

  • Entspannt auf den Rücken legen und ein zusammengerolltes Handtuch unter das Becken schieben.
  • Nun Arme und Beine leicht gebeugt nach oben in Richtung Decke heben.
  • In dieser Position vorstellen, die Körperöffnungen zu verschließen und so den Beckenboden nach innen ziehen.
  • Locker weiteratmen und Anspannung bis zu einer Minute halten.

Speziell für Frauen eignen sich zusätzlich beispielsweise auch die Elanee Beckenboden-Trainingshilfen, die vaginal eingeführt werden und dabei helfen, die Beckenbodenmuskulatur besonders einfach, aber effektiv zu trainieren.

Als Hilfsmittel für das Beckenbodentraining können auch spezielle Sitzkissen dienen. Diese sind so geformt, dass eine „instabile“ Sitzposition erzeugt wird und der Beckenboden aktiv werden muss, um diese auszugleichen.

Übrigens: Um eine intensive Muskelkontraktion hervorzurufen, kann es hilfreich sein, die Muskelanspannung mit der Ausatmung zu halten und während der Einatmung langsam zu lösen. Auch kann darauf geachtet werden, die Anspannung bewusst langsam zu lösen. Das intensiviert das Training zusätzlich.

Der Beckenboden und seine Aufgaben

Als Platte aus Muskel- und Bindegewebe schließt der Beckenboden unseren Bauchraum ab und umgibt die Beckenorgane. Die Beckenbodenmuskulatur erstreckt sich dabei vom Schambeinknochen bis zum Steiß- und Kreuzbein und endet seitlich an den Sitzbeinhöckern.

Der Beckenboden insbesondere dafür zuständig, die Schließmuskulatur von Blase und Darm zu unterstützen und hilft so dabei, Inkontinenz zu verhindern.

Gemeinsam mit der Schließmuskulatur sorgt die Beckenbodenmuskulatur dafür, dass wir bei Beanspruchung des Beckenbodens, etwa durch Niesen, Lachen oder bei körperlicher Anstrengung, keinen Harn oder Stuhl verlieren. Erschlafft der Beckenboden, etwa durch einen inaktiven Lebensstil oder bei Frauen durch Schwangerschaft und Geburt, kann es in solchen Belastungssituationen insbesondere zu unwillkürlichem Urinverlust kommen. In diesem Fall spricht man auch von Belastungsinkontinenz.

Die Aufgaben des Beckenbodens sind darum gleich mehrere:

  • Er stabilisiert den Bauch- und Beckenraum und gibt den Organen in diesem Bereich Halt.
  • Er unterstützt die Schließmuskulatur von Blase und Darm.
  • Er schützt Becken- und Bauchraum sowie die Schließmuskulatur vor Druck, der beim Husten, Lachen, beim Stuhlgang oder beim Heben schwerer Gegenstände entsteht.

Um diese Funktionen erfüllen zu können, muss der Beckenboden

  • kräftig sein: Nur so kann er Organe schützen und die Schließmuskulatur unterstützen.
  • loslassen können: Beim Stuhlgang, Wasserlassen und bei Frauen auch während des Geschlechtsverkehrs oder der Geburt eines Kindes muss der Beckenboden dazu in der Lage sein, sich zu öffnen bzw. zu entspannen.
  • Druck aushalten, aber auch Spannung aufbauen: Nur so kann er den Bauchraum vor Druckbelastung schützen und es kann Haltungsschwierigkeiten vorgebeugt werden.

Warum wir den Beckenboden trainieren sollten

An den Aufgaben des Beckenbodens lässt sich bereits auf den ersten Blick erkennen, warum ein Beckenbodentraining für Männer und Frauen gleichermaßen sinnvoll ist. Schließlich unterstützt der Beckenboden unsere Schließmuskulatur. Eine Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur durch entsprechendes Training kann Männer und Frauen darum gleichermaßen vor Inkontinenz, Belastungsinkontinenz oder auch vor Hämorrhoiden schützen.

Hämorrhoiden

Hämorrhoiden sind Gefäßpolster, die bei Menschen im Enddarmbereich vorhanden sind. Beschwerden verursachen Hämorrhoiden unter anderem dann, wenn sie in ihrer Lage nach unten sinken. Ein starker Beckenboden kann helfen, Hämorrhoiden „an ihrem Platz“ zu halten und somit Beschwerden verhindern.

Es gibt jedoch noch weitere gute Gründe, die für ein regelmäßiges Beckenbodentraining sprechen. Schließlich ist der Beckenboden direkt auch beispielsweise mit unserer Rücken- und Bauchmuskulatur verbunden, aktiviert diese und hat somit auch Auswirkungen auf unsere Körperhaltung. Gezieltes Beckenbodentraining dient darum nicht nur der Gesunderhaltung des Beckenraums, sondern hilft auch dabei, Hüft- oder Wirbelsäulenerkrankungen vorzubeugen.

Schließlich wird das Becken durch gezieltes Beckenbodentraining quasi automatisch in seine optimale Position geschoben. Das sorgt nicht nur für eine aufrechte Körperhaltung, sondern verhindert auch beispielsweise Wirbelsäulenverkrümmung, Schäden der Lendenwirbelsäule oder andere Gesundheitsprobleme, die auf eine Fehlhaltung des Beckens zurückzuführen sind.

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Beckenbodentraining: Vorteile für Frauen

Generell profitieren Männer und Frauen gleichermaßen von einer gezielten Kräftigung ihres Beckenbodens. Obwohl Beckenbodentraining somit keine reine „Frauensache“ ist, bringt es den Damen dennoch ganz spezielle Vorteile.

Beckenbodentraining in der Schwangerschaft und nach der Entbindung

Von der Muskelschicht des Beckenbodens umschlossen sind bei Frauen auch Scheide und Gebärmutterhals. Entsprechend wichtig ist die Beckenbodenmuskulatur auch während der Schwangerschaft, da sie Stütze und Schutz für Gebärmutter und Baby bietet. Zusätzlich ist während der Geburt aber auch die Flexibilität des Beckenbodens gefragt. Regelmäßiges Training kann dabei helfen, die Fähigkeit des Beckenbodens zu fördern, in der Geburtssituation „loszulassen“ – das wiederum erleichtert selbige.

Und auch nach der Entbindung profitieren Frauen vom Beckenbodentraining. Gerade nach einer Geburt ist der Beckenboden häufig geschwächt und es kommt zu Belastungsinkontinenz. Hier kann regelmäßige Beckenbodengymnastik vorbeugen.

Beckenboden und Lustempfinden

Neben Schwangerschaft und Geburt spielt der Beckenboden aber gerade auch für die weibliche Sexualität eine entscheidende Rolle und macht Beckenbodengymnastik darum nicht nur während oder nach der Schwangerschaft sinnvoll. Schließlich kann eine gut durchblutete, aktivierte Beckenbodenmuskulatur nicht nur das sexuelle Lustempfinden steigern, sondern auch die Weite der Scheide regulieren.

Übrigens: Nicht nur bei Frauen hat Beckenbodentraining positive Auswirkung auf das sexuelle Empfinden. Schließlich ist der Beckenboden beim Mann insbesondere auch am Halten sowie Zustandekommen einer Erektion beteiligt.

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