Obwohl wir beim Workout meist hauptsächlich über Muskelaufbau oder mehr Ausdauer nachdenken, rücken langsam aber sicher auch unsere Faszien immer mehr in den Trainingsvordergrund. Während die Faszien, das den Körper durchziehende Bindegewebsnetz, vielen Sportlern noch kein Begriff sind, nutzen andere gezieltes Faszientraining schon jetzt nicht nur um sportliche Leistungen zu verbessern, sondern auch, um ihr allgemeines Wohlbefinden zu steigern oder sogar Schmerzen loszuwerden.
Wie das Faszientraining funktioniert, welche Vorteile es Dir bringt und wie Dein Training aussehen könnte, erfährst Du hier.
- Faszientraining ist anders: Beim Training geht es nicht darum, schwere Gewichte zu stemmen oder außer Atem zu geraten – Du trainierst ruhig, konzentriert und präzise.
- Mehr Elastizität mehr Trainingserfolge: Durch das Faszientraining trainierst Du nicht gezielt für mehr Ausdauer oder Muskelmasse – es hilft Dir aber dennoch dabei, Deine sportliches Leistungsvermögen zu steigern.
- Mehr Wohlbefinden durch Faszientraining: Das Training hält Deine Faszien geschmeidig und löst Verklebungen – Es kann Dir so mehr Wohlbefinden schenken und sogar Schmerzen verschwinden lassen.
Darüber schreiben wir in diesem Beitrag
Woher kommt das Faszientraining?
Bis vor Kurzem noch waren Faszien nur den Wenigsten ein Begriff. Kaum jemand wusste, was Faszien überhaupt sind und schon gar nicht, wie und wozu man sie trainieren sollte.
Erst als 2014 das Buch “Faszien-Fitness” des Diplom-Psychologen und Feldenkrais-Lehrers Robert Schleip veröffentlicht wurde, rückte das elastische Bindegewebsnetz unseres Körpers erstmalig in den Fokus von Sport- und Fitnessbegeisterten.
Der Mitbegründer des ersten internationalen Faszien-Kongresses, der 2007 an der Harvard Medical School in Boston stattfand, erklärt darin, was Faszien sind und wie ihr gezieltes Training sogar in der Physiotherapie und als Heilmethode zum Einsatz kommen kann.
Was sind Faszien überhaupt?
Um zu verstehen, wie gezieltes Faszientraining zu einem besseren Wohlbefinden, weniger Schmerzen und auch besseren sportlichen Leistungen verhelfen kann, ist es besonders wichtig zu verstehen, was Faszien überhaupt sind und welche Aufgaben sie in unserem Körper erfüllen.
Als Faszien wird das elastische Netz muskulären Bindegewebes bezeichnet, das unseren gesamten Körper durchzieht. Bis zu etwa drei Millimeter dick umschließt dieses Netz
- Nerven,
- Knochen,
- Gelenke,
- Organe und auch
- unsere Muskeln.
Faszien geben Form
Faszien können nicht nur Schmerzen verursachen, sondern sie halten auch Gewebe an seinem Platz. Ist das Bindegewebe schwach, schlaff und spannungslos, „sitzt“ es eben nicht mehr so, wie die stramme Wurstpelle, sondern lässt auch unseren Körper spannungslos und schlaffer wirken.
In etwa vorstellbar wie die zarte, weißliche Haut, welche die einzelnen Scheiben einer Orange voneinander trennt, ihnen aber auch ihre Form gibt, verbinden und stabilisieren auch die Faszien alle Teile unseres Körpers.
Zusätzlich verfügt das aus Zellen, Wasser und Kollagenfasern bestehende Gewebe über zahlreiche Nerven und Rezeptoren, sodass es als größtes, den ganzen Körper durchziehendes Sinnesorgan angesehen werden kann. Aufgrund dieser Eigenschaft können beispielsweise verklebte Faszien durchaus auch Schmerzen auslösen.
Aber nicht nur für Wohlbefinden und Schmerzfreiheit spielen Faszien eine Rolle. Stellt man sich ihre Aufgabe einmal –vielleicht weniger ansprechend- anhand der Aufgabe einer Wurstpelle vor, wird klar: Ohne starke Faszien bleibt nichts da, wo es hingehört.
Faszien und Muskeltraining
Macht man sich ihre Aufgaben im menschlichen Körper bewusst, wird klar: Die Gesundheit unserer Faszien ist wichtig. Schließlich können vernachlässigte Faszien Schmerzen und Verspannungen hervorrufen. Der geneigte Kraftsportler wird sich aber vielleicht dennoch fragen, was Faszien- und Muskeltraining miteinander zutun haben.
Ganz einfach: Faszien wirken nicht nur formgebend in unserem Körper, sie übertragen auch Kräfte und Spannungen. Fehlt es an einer Elastizität der Faszien, können sie diese Aufgabe weniger gut erfüllen und somit auch Kraft und Beweglichkeit limitieren.
Da Faszien außerdem jeden Muskel umgeben und an Nährstoffversorgung sowie dem Abtransport von Abbauprodukten beteiligt sind, ist die optimale Funktionsfähigkeit der Faszien gerade auch für Kraftsportler besonders wichtig.
Während des Trainings helfen die Faszien gemeinsam mit der zwischen ihnen befindlichen Gewebsflüssigkeit dabei, Reibungen zwischen verschiedenen Muskeln zu minimieren. Steht unsere Muskulatur gerade während des Krafttrainings besonders stark unter Spannung, kann es jedoch passieren, dass die Gewebsflüssigkeit zwischen den Faszien verdrängt wird – in der Folge können die Faszien verkleben.
Kommt es zu einem solchen Verkleben, können Verspannungen und Entzündungen entstehen, die den Sportler beim Training einschränken.
Besonders beim Schultertraining können Faszienübungen sehr hilfreich sein!
Übrigens: Auch ein Verdicken der Faszien ist möglich und kommt gerade bei Läufern besonders oft vor. Durch die intensive Laufbelastung verdickt die Bindegewebsschicht besonders oft im Kniebereich und verursacht Schmerzen – diese Veränderung ist auch als “Runner’s Knee” bekannt.
Vorteile des Faszientrainings
Wie schon gesehen, können Faszien zu chronischen Schmerzen beitragen oder auch das Muskeltraining erschweren, wenn wir ihnen nicht genügend Aufmerksamkeit in Form des Faszientrainings schenken.
Trainieren wir sie jedoch regelmäßig, können wir so
- Sportliche Leistungen steigern,
- Schmerzen und Entzündungen vorbeugen und
- Ein positiveres Körpergefühl entwickeln.
Wie ein gesundes und elastisches Bindegewebe unsere sportliche Leistung steigern kann, wird dabei an einem Beispiel aus der Natur besonders deutlich:
Bekannt ist, dass Faszien als Speicher für kinetische Energie dienen und die Arbeit unserer Muskeln unterstützen.
Kinetische Energie
Der Begriff der kinetischen Energie stammt aus der Physik und meint Bewegungsenergie. Also die Energie, die ein Objekt oder eine Person erst aufgrund von Bewegung erhält
Wie effektiv das Bindegewebsnetz die Muskulatur unterstützt, wird deutlich, wenn man sich einmal die enorme Sprungkraft von Gazellen oder Kängurus ansieht. Obwohl diese Tiere nur über eine relativ zarte Muskulatur verfügen, ermöglicht ihre ideale Faszienbeschaffenheit enorme Sprünge durch eine Art Katapult-Effekt.
Das Bindegewebsnetz des Tieres arbeitet hier wie ein unter Spannung stehendes Gummiband und unterstützt die Muskulatur dabei, enorme Sprungkraft zu entwickeln.
Wie sieht gezieltes Faszientraining aus?
- Faszien liegen teils tief im Gewebe und sind nur recht schwer dehnbar – stellt sich die Frage, wie die netzartigen Bindegewebsfasern überhaupt trainiert werden können.
- Möglich wird ein gezieltes Faszientraining insbesondere durch die Eigenschaft des Bindegewebes, besonders gut auf Druck und Zug anzusprechen. Entsprechend wird beim Faszientraining insbesondere hiermit gearbeitet.
- Prinzipiell ist ein Faszientraining mit oder auch ohne spezielle Hilfsmittel möglich.
Faszientraining ohne Equipment
Um Faszien geschmeidig und flexibel zu erhalten, lassen sich ein paar einfache Übungen ganz leicht ausführen und sogar problemlos in den Alltag integrieren.
Gelingen kann das übrigens nicht nur durch einfache Dehnübungen, sondern auch durch Yoga.
Faszientraining mit Equipment
Besonders leicht und komfortabel ist das Faszientraining auch mit speziellem Trainingsequipment, wie einer Schaumstoffrolle oder dem Lacrosseball, möglich.
Die sogenannte Blackroll oder der Blackball aus recht hartem Schaumstoff werden dabei dazu genutzt, eine Art Selbstmassage durchzuführen und die Faszien dabei gezielt zu aktivieren.
Durch langsames Rollen verschiedener Körperpartien über Schaumstoffrolle oder –ball können Verhärtungen und Verklebungen der Faszien effektiv gelöst und das Bindegewebsnetz elastisch erhalten werden.
Darüber hinaus ist mittlerweile sogar Sportbekleidung erhältlich, welche die Faszien mittels spezieller Noppen bei jeder Bewegung stimuliert.
Ganz gleich, ob man sich aber für das Faszientraining mit oder ohne Equipment entscheidet, ist jedoch etwas Geduld nötig. Oftmals werden deutliche Verbesserungen oder Schmerzreduzierung erst nach einigen Monaten konsequenten Trainings feststellbar. Allerdings genügt es hierbei, etwa zweimal pro Woche ein 10-minütiges Faszientraining durchzuführen.
Faszientraining: die passende Ernährung
Unser Bindegewebe besteht zu etwa 70 Prozent aus Wasser und ist entsprechend auch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr angewiesen, um gesund zu bleiben. Wer täglich etwa mindestens 1,5 Liter Wasser trinkt, kann seinen Faszien so bereits „von außen“ etwas Gutes tun.
Außerdem sind Aminosäuren, also Eiweißbausteine, Baumaterial unserer Faszien. Entsprechend bildet eine proteinreiche Ernährung die Grundlage dafür, dass sich Faszien erneuern bzw. regenerieren können.
Für wen ist Faszientraining geeignet
Prinzipiell ist das Faszientraining für jeden geeignet, der sein Körperbewusstsein verbessern und auch bis ins hohe Alter hinein fit und beweglich bleiben möchte – also schlichtweg für jeden.
Besonders wichtig ist das Faszeintraining jedoch insbesondere für Läufer und Kraftsportler.
Schließlich umhüllt das Bindegewebe jeden beim Laufen oder Kraftsport besonders intensiv beanspruchten Muskel.